Einer der Gründe, dass wir erst jetzt unsere nächste Reise machten, war der wunderschöne Sommer in Neu-Ulm. Mit dem Übergang zum Herbst wurde es hier besonders schön und so hatten wir nicht das große Bedürfnis wegzufahren. So langsam droht aber die Gefahr, dass Thomas seinen Resturlaub nicht mehr ganz nehmen kann und bevor der verfällt, machen wir erst mal über ein verlängertes Wochenende eine Städtetour. Dabei wollen wir dann Weiteres planen. Mal sehen, ob wir dazu kommen.

Freitag, den 30. September machten wir uns auf den Weg nach Prag. Da wollte ich schon immer mal hin und jeder mit dem wir darüber gesprochen haben kam sofort ins Schwärmen. Prag ist nur 4,5 Autostunden von uns entfernt. Viel Verkehr war auch nur bis zur Grenze, danach war ein sehr entspanntes Fahren möglich. Dies sicherlich auch aufgrund des Tempolimits. In der Tschechei ist die Geschwindigkeit auf der Autobahn für Pkws auf 130 km/h begrenzt, für die Fahrt nach Prag benötigt man jedoch ein „Pickerl“ (Maut für 10 Tage beträgt 12 €).

Thomas hatte ein Hotel gebucht unweit der Altstadt, davor einen Parkplatz zu finden war sehr schwierig. Überall nur blaue Zone, was immer das bedeutet. Ein Besserwisser im Hintergrund hat mich gleich verbessert: „Blaue Zone ist für Anwohner“.

Nach dem Einchecken ging es dann auch gleich mal zu Fuß los in Richtung Karlsbrücke. Von unserem Hotel aus einfach nur gerade aus, sagte Google Maps.

Die Karlsbrücke (Karlův most) ist eine im 14. Jahrhundert errichtete Brücke über die Moldau, die die Altstadt mit der Kleinseite verbindet. Sie ist die älteste erhaltene Brücke über den Fluss Moldau und eine der ältesten Steinbrücken Europas. Über die Brücke führte der Krönungsweg der böhmischen Könige. Mehr darüber ist bei Wikipedia zu finden.

Mein Gott, wie viele Menschen sind hier unterwegs! Wir haben wohl ein Wochenende erwischt, an dem sehr viele nach Prag gefahren sind. Für uns Deutsche bot sich das ja auch an – ist doch auch der Montag noch frei – da feiern wir zum 26. Mal die Wiedervereinigung.

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Auf dem Weg zur Brücke schlenderten wir an Sehenswürdigkeiten vorbei, deren Namen wir nicht kannten: tolle Bauten, tolle Plätze.

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Unterwegs gab’s auch was zu essen, etwas was wir bisher nur vom Donaufest kannten. Trdelník scheint hier aber ein Nationalgebäck zu sein, ursprünglich stammt es aus Skalica in der Slowakei. Im 18. Jahrhundert stellte ein Graf einen Koch aus Siebenbürgen ein. Dieser brachte das Rezept, welches dem ungarischen Kürtőskalács ähnelte, nach Skalica mit. Es gibt es hier noch original oder angereichert mit Eis, Sahne, Nugat und anderen Dingen, die dick machen.

Und dann lag sie vor uns – die Karlsbrücke – wie viele Menschen da schon drüber gegangen sind. Ein tolles Bauwerk, nur die Brücke ohne Menschen kann man nur auf Bildern der Händler sehen, die es hier sehr zahlreich gibt.

Auf der anderen Seite der Moldau im Stadtteil „Kleinseite“ angekommen gab es eine Pause im Starbucks und danach machten wir uns auf den Rückweg. Wir überquerten die nächste Brücke flussabwärts und wanderten dann am Ufer entlang bis zu einer der Inseln in der Moldau. Hier brauchten wir nur noch rechts abzubiegen und hatten dann nur noch ein paar hundert Meter bis zu unserem Hotel. Thomas hat da wirklich etwas Zentrales ausgesucht.

Erwähnen sollte ich noch, dass wir einen herrlichen, sonnigen Tag mit um die 25 °C hatten. Wir hätten gut kurze Hosen mitnehmen können.

Auf unserem Zimmer angekommen haben wir dann erst einmal unsere Beine hochgelegt. So lange Spaziergänge sind doch schon eine Weile her, in Neu-Ulm / Ulm sind wir doch meist mit dem Fahrrad unterwegs.

Die Pläne, nationales Essen zu uns zu nehmen wurden zumindest für diesen Abend verworfen. Dazu lag der nächste, gut bewertete „Italiener“ einfach zu nah. Die Pizza war groß und günstig und schmeckte hervorragend. Das einheimische Bier aus Pilsen war uns etwas zu herb.

Müde nicht nur vom Essen beendeten wir diesen Tag.

Umwerfend war das Frühstück nicht, eher ungewöhnlich. An der Getränkebar gab es neben dem gewohnten Orangensaft, warme Milch und heißen Tee. Längliche Brotstangen, die sich wegen der stumpfen Messer schlecht aufschneiden ließen, waren dort, wo man sonst die Brötchen findet. Doch das Ungewöhnliche war/ist: es gab/gibt keinen Kaffee. Für umgerechnet 1 Euro zusätzlich konnte man einen Espresso bekommen, der einem Longhi geschmacklich sowie von der Menge her alle Ehre machte. Nun mithilfe der warmen Milch kamen wir doch noch zu unserem gewohnten Milchkaffee.

Thomas hatte gestern, während ich schon selig schlief, noch ein paar Ziele für den heutigen Tag herausgesucht.
Zuerst ging es zum nah gelegenen Einkaufszentrum Palladium mit über 200 einzelnen Läden. Ein altes Bauwerk war dafür entkernt und zur Rückseite hin großzügig erweitert worden. Der Besucher konnte sich auf 7 Etagen umschauen, wovon zwei im Keller lagen. Toll angelegt war auch die Mitte, hier führte eine lange Rolltreppe vom Erdgeschoss direkt in die 4. Etage zu den Restaurants. Wir haben es tatsächlich geschafft, nur Geld für das leibliche Wohl dort auszugeben.

Anschließend ging es weiter zur spanischen Synagoge (Španělská Synagoga), die wir wie den davon nicht weit entfernten jüdischen Friedhof nur von außen besichtigen konnten. Durch die Altstadt, dem ältesten Stadtteil von Prag, vorbei an der Klosterkirche St. Jakob, eine dreischiffige hochgotische Basilika mit zwei Türmen, gelangten wir wieder an die Moldau. Wir wechselten die Uferseite um das Hauptziel unseres heutigen Spaziergangs zu erreichen, die Insel Kampa. Laut Wikipedia wurde der Kanal, der die Insel entstehen ließ, bereits im 14. Jahrhundert angelegt und die Insel zuerst mit armen Menschen besiedelt. Heute ist sie ein sehr beliebtes Ziel nicht nur von den Touristen.
Als wir da waren, fand hier gerade ein großes Fest für die Kleinen statt.

Wir hatten die Insel im Norden betreten und verließen sie wieder im Süden. Die dortige Brücke Most Legií (Brücke der Legionen) ermöglichte uns erneut die Uferseite zu wechseln und so gelangten wir vorbei am National Theater (Národní divadlo) sowie The New Stage (Nová scéna) zum Wenzelplatz (Václavské náměstí). Von dort machten wir uns nach einer längeren Pause auf den Heimweg.

Der Spaziergang verlief nicht so flüssig, wie sich dies hier vielleicht anhört. Unterbrochen durch Besuche von Hinterhöfen, Geschäften, kleinere und größere Pausen. Ein Besuch bei Starbucks war ebenso drin wie der Verzehr von zwei Trdelník. Wie am Vortag war es wieder ein sonniger, warmer Tag. Ich hatte den Eindruck, dass heute noch mehr Leute in den Straßen unterwegs waren, ganz zu schweigen von den vielen Führungen, nicht nur zu Fuß, sondern auch auf Segways. Am späten Nachmittag erreichten wir wieder unsere Unterbringung und gönnten uns eine längere Pause mit Beine hoch etc.

Gegen 20.00 Uhr machten wir uns auf den Weg zu dem Restaurant, das wir uns auf unserem Spaziergang ausgesucht hatten, um dort endlich mal einheimisch zu essen. Dummerweise kamen wir an dem berühmten Café Imperial vorbei. Wir fragten an der Rezeption, ob sie noch einen Tisch für zwei freihätten, und rechneten mit einer Absage, schließlich hatten wir nicht reserviert. Keineswegs – wir wurden zu einem kleinen Tisch im hinteren Bereich geführt und speisten dort vorzüglich. Thomas hatte ein Gericht mit Rindersteak und ich etwas mit Kalbsfilet. Als Dessert hatten wir uns beide für eine Schokoladenbombe entschieden. Serviert wurde uns eine Kugel, die in der Mitte eines großen tiefen Tellers platziert war. Ich wurde von der Kellnerin abgehalten, ein wenig an der Kugel herumzuklopfen. Stattdessen goss sie heiße Schokolade gleichzeitig über beide Kugeln. Diese öffneten sich und im Inneren zeigte sich jeweils eine große Kugel Erdbeersorbet, die auf einem Mascaponebett ruhte. Überflüssig zu erwähnen, wie köstlich das Ganze schmeckte.

Nach diesem tollen Essen brauchten wir noch einen Spaziergang. Also gingen wir noch einmal an die Moldau, Feuerwerksgeräusche hatten uns neugierig gemacht. Doch als wir dort ankamen, war schon alles vorbei. Auf dem Rückweg fing es an zu regnen. Wir waren nur noch wenige Schritte von unserem Hotel entfernt, als daraus ein kräftiger Regen wurde. Viel zu früh, wie wir beide feststellten – schließlich hatten die Meteorlügen Regen für heute Nacht von 2 bis 5 Uhr angekündigt.

Zurück auf dem Zimmer wurde nur noch der Bericht geschrieben und dann ging es ins Bett. Ein tiefer erholsamer Schlaf war uns sicher, auch dieses Mal nicht nur, weil wir gut gegessen hatten.

Wir starteten zur gleichen Zeit wie gestern, doch im Frühstücksraum war die Hölle los. Es dauerte eine Zeit, bis wir an einem Tisch, nur mit einer Frau besetzt, Platz fanden. Zuerst war ich mit Thomas einer Meinung, dass der Raum wohl zu klein war für die Anzahl an Gästen. Doch während des Frühstücks beobachte ich die anderen Gäste und stellte dabei fest, dass einer der Gründe für den Stau im Frühstücksraum die Neuen Medien waren. Überall an den Tischen saßen die Leute und schauten in ihr Handy, schrieben Nachrichten oder surften auf ihren Tabletts. Dadurch besetzten sie die Tische länger, als es nur fürs Frühstück notwendig wäre.

Heute Nacht hat es hier wohl noch öfter geregnet und als wir unser Hotel verließen war es bedeckt und hatte 12 °C. Trotzdem versuchten wir es nur im Hemd ohne Jacke. Unser heutiges Ziel war der Berg Hradschin mit der Burg. Kommt man nicht dran vorbei, wenn man in Prag ist, denn er ist fast von überall zu sehen.

Die Burg wurde im 9. Jahrhundert gegründet und des Öfteren verändert. Heute ist sie die Residenz des Präsidenten der Tschechischen Republik. Inmitten der Burganlage befindet sich der Veitsdom, das war unser eigentliches Ziel.

Wir hatten gerade den Platz der Republik erreicht, als es zu regnen begann. Also kehrten wir wieder um und ich zog mir die dünne Übergangsjacke über. Thomas wollte es trotzdem weiterhin ohne Jacke versuchen, den es hatte inzwischen wieder aufgehört zu regnen. Außerdem wurde im Internet eine Regenwahrscheinlichkeit von 50 % angezeigt.

Also auf ein Neues. Doch kaum waren wir wieder am Platz der Republik, tröpfelte es erneut. Wir gingen weiter am Pulverturm vorbei, drängelten uns durch die Besuchergruppen beim Pachtovský palác und schafften es dann aber nur bis zum Altstädter Ring. Genau gegenüber der astronomischen Uhr fanden wir Schutz vor dem Regen. Es war fünf Minuten vor zwölf und die Menschenmassen vor der Uhr ließen ahnen, dass hier gleich etwas passieren würde. Und siehe da, genau um 12:00 Uhr zeigten sich in den beiden Türen oberhalb der Uhr die zwölf Apostel, einer nach dem anderen. Zum Abschluss des etwas 40 Sekunden dauernden Spektakels schlug der Hahn mit seinen Flügeln und krähte dabei wahrscheinlich. Das dies war für mich aufgrund der vielen Menschen nicht zu hören.

Wieder hatte es aufgehört zu regnen und so stiefelten wir weiter zum Rudulfium und überquerten dort die Moldau. Doch mitten auf der Brücke Mánesův Most fing es erneut an zu regnen und wir beeilten uns die Alte Treppe zur Burg zu erreichen. Der Regen wurde stärker, und als wir vor den Eingangstoren zur Burg uns in die Schlange der zu kontrollierenden Personen einreihen mussten, suchte sich Thomas schon mal Schutz unter Torbögen und Dachvorsprüngen. Endlich waren wir durch die Kontrolle, aber an ein Weitergehen war nicht zu denken und so gingen wir in das nächstgelegene Café und tranken erst einen Milchkaffee, und als der Regen immer noch nicht aufgehört hatte, gab es auch noch einheimischen Gulasch zu Mittag.

Danach konnten wir den Weg zum Veitsdom fortsetzen. Für das Betreten der Kirche verlangte man hier genauso viel Eintritt wie für die Museen. Da mir es aber widerstrebt für aktive Gotteshäuser Eintritt zu bezahlen, haben wir uns die Kirche nur von außen angesehen und sind dann bei Nieselregen den Berg wieder hinunter. Sicherlich hätte man hier noch vieles mehr besichtigen können, doch bei solchem Wetter macht das nicht viel Spaß.

Unten angekommen stiegen wir in die Metro und fuhren sechs Stationen bis zum Einkaufszentrum Palác Flóra. Dieses hat auch am Sonntag geöffnet. Die Besichtigung war nicht sehr ergiebig und so fuhren wir mit der Straßenbahn zurück zu unserem Hotel.

Die Straßenbahn ist beeindruckend, kein Ruckeln und Schütteln, kein Quietschen in den Kurven. Uns war an den Tagen zuvor schon die hohe Frequenz dieses Verkehrsmittels aufgefallen – ja es macht richtig Spaß damit zu fahren.

Nach einem Kaffee im Starbucks unweit von unserem Hotel gingen wir auf unser Zimmer, es regnete immer noch und so hatte ich Zeit, diesen Bericht zu schreiben.

Heute Abend schafften wir es dann tatsächlich, bei einem Italiener einheimische also böhmische Küche zu genießen. Unsere Wahl fiel auf Rinderbraten mit Serviettenknödel und das zweite Gericht war halbe Ente auf einem Rotkohlbett und ebenfalls mit Serviettenknödel. Leider regnet es immer noch und so fiel der Abendspaziergang aus. Einer der Sender, den wir im Fernseher auf dem Zimmer verstehen konnten, war RTL in Deutsch mit irgendwelchen Dating Shows. Dann gab es noch american soccer auf Eurosport und darauf hatten wir keine Lust. Also ab ins Bett und noch ein wenig lesen.

Zum Frühstück an unserem Abreisetag gibt es nur eins zu erwähnen, es waren zu unserer gewohnten Zeit so viele Tische frei, dass doch schon eine große Anzahl an Gäste abgereist sein musste.

Nach dem Frühstück haben wir dann gepackt und alles im Wagen verstaut und anschließend den Zimmerschlüssel abgegeben. Wir wollten noch ein wenig in der Stadt herumzubummeln, wenn möglich noch einen T naschen und so gegen Mittag uns dann auf den Heimweg machen. Wir kamen mal wieder nur bis zum Platz der Republik und prompt fing es wieder an zu regnen. Im Internet wurde eine Regenwahrscheinlichkeit von 30 % angezeigt, die sich im Laufe des Tages noch weiter verringern würde. Irgendetwas stimmte hier nicht, wir kehrten um und beeilten uns zum Auto zu kommen, denn der Regen wurde immer stärker.

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So machten wir uns doch schon um 10:00 Uhr auf den Heimweg. Kaum hatten wir das Zentrum von Prag verlassen, hörte es auch schon wieder auf zu regnen und die Sonne kam heraus. Nein – jetzt saßen wir im Auto und nun ging es heim. Hier war wieder ein sehr angenehmes Fahren und das änderte sich leider wieder, als wir die Grenze passiert hatten. Dazu kam dann wieder Regen, der erst wieder aufhörte, als wir auf der anderen Seite der Donau waren. Lustigerweise wurde in diesem Moment auch im Radio durchgeben, dass es in ganz Bayern regnet, nur Schwaben hat schönes Wetter. Da freut man sich noch mehr auf die Rückkehr.

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